Parallele Pistenbetriebskonzepte
Parallele Pistenbetriebskonzepte (Parallel Runway Operations) werden inzwischen an vielen großen Flughäfen eingesetzt, um die Kapazität, sowohl von abfliegenden, als auch anfliegendem Verkehr zu erhöhen. So kann mit diesem Konzept die sonst benötigte laterale Radarstaffelung von 3 NM herabgesetzt werden. Im folgenden werden die verschiedenen Konzepte aufgeführt und erklärt. Diese stellen jedoch nur die rechtlichen Grundlagen dar, welche im PANS-ATM (ICAO Doc 4444) definiert und in Europa von der EASA genauer festgelegt werden. Die genauen Verfahren an den einzelnen Flughäfen müssen in den jeweiligen Prozeduren nachgelesen werden. Aufgrund der Komplexität werden hier nur die für IVAO relevanten Informationen aufgeführt.
Unabhängige Parallelabflüge (IPD)
In Deutschland gibt es an den Flughäfen Berlin und München SIDs von den parallelen Pisten, deren Flugwege sich nicht kreuzen. So können diese SID unter bestimmten Bedingungen unabhängig (also independent) voneinander genutzt werden, so muss dann zwischen Luftfahrzeugen nicht mehr die Radarstaffelung aufrecht erhalten werden. Die genauen Verfahren können auf den Prozedurenseiten von Berlin und München nachgelesen werden.
Voraussetzungen für unabhängige Parallelabflüge:
- Die runway center lines benötigen einen Mindestabstand von 760 Metern
- Die departure tracks weichen unmittelbar nach dem Start um mindestens 15° voneinander ab
- Mit Ausnahme reichen 10° aus, wenn sich beide Flugzeuge auf einer RNAV oder RNP SID befinden und das Abdrehen spätestens 2 NM nach dem Ende der Piste durchgeführt wird
- Die zuständigen Lotsen müssen sicherstellen, dass die oben geforderte Abweichung im Abflug gegeben ist
Abhängige Parallelanflüge (DPA)
Bei abhängigen Parallelanflügen können Luftfahrzeuge laterale Radarstaffelung unterschreiten, jedoch nicht gänzlich parallel nebeneinander anfliegen. So kann hier zwischen zwei LFZs im Anflug auf zwei parallele Pisten weiterhin eine Staffelung zwischen 1 NM und 2 NM erforderlich sein. Die genauen Verfahren können auf den Prozedurenseiten der jeweiligen Flughäfen nachgelesen werden. Ein Beispiel hierfür ist der Flughafen Hannover.
Voraussetzungen für abhängige Parallelanflüge:
- Die runway center lines benötigen einen Mindestabstand von 915 Metern
- Bei den Instrumentenanflügen muss es sich um Präzisionsanflüge
- Piloten müssen informiert werden, dass Anflüge auf beide Pisten durchgeführt werden (via ATIS oder Frequenz)
- Zwischen den beiden missed approaches muss eine Mindestabweichung von 30° vorherrschen
- Der Localizer muss mittels einer dieser Methoden intercepted werden:
- Mit Vektoren
- Oder mir einem veröffentlichten Anflugverfahren, bei dem der Endanflug mit dem initial approach fix (IAF) oder intermediate approach fix (IF) intercepted wird
Bis beide Luftfahrzeuge auf dem localizer established sind, muss die Radarstaffelung von mind. 3 NM lateral oder 1000ft vertikal aufrecht gehalten werden.
Die erforderliche Staffelung zwischen zwei Luftfahrzeugen im Anflug auf parallele Pisten hängt von der Distanz zwischen den center lines der beiden Pisten ab. Folgende Varianten sind möglich:
- Distanz größer als 915 m und kleiner gleich 1097 m: 1 NM nötig
- Distanz größer als 1097 m und kleiner gleich 2529 m: 1,5 NM nötig
- Distanz größer als 2529 m: 2 NM nötig
Bei zwei anfliegenden Luftfahrzeuge auf dieselbe Piste muss die laterale Staffelung von 3 NM (oder 2,5 NM, wenn dies auf den Prozedurenseiten so festgelegt ist) weiter aufrecht erhalten werden. Außerdem ist hier auch die Wirbelschleppenstaffelung weiterhin anzuwenden.
Aufgrund der oben genannten benötigten Distanzen zwischen zwei Piste, werden abhängige parallele Anflüge in Deutschland immer mit 1,5 NM durchgeführt. Das nachfolgende Bild zeigt dieses Beispiel.
Quelle: IVAO Training Documentation: Parallel runway operations (angepasst)
Die genauen Verfahren für die jeweiligen Flughägen sind in den jeweiligen Prozeduren nachzulesen!
Unabhängige Parallelanflüge (IPA)
Unabhängige Parallelanflüge sind eines der effizientesten Mittel um die Kapazität von Anflügen an einem Flughafen zu erhöhen. Dieses Verfahren wird in Deutschland in Berlin, Frankfurt, München und Leipzig verwendet. Hier können Luftfahrzeuge vollständig parallel nebeneinander anfliegen, dabei kann auf die Radarstaffelung zwischen Luftfahrzeugen auf parallelen Pisten komplett verzichtet werden. Für dieses Verfahren sind jedoch dauerhaft strikte Vorgaben zu erfüllen.
Voraussetzungen für unabhängige Parallelanflüge:
- Für jede Piste, auf die angeflogen wird, ist ein einzelner Lotse zuständig (Auf IVAO nicht notwendig)
- Die runway center lines benötigen einen Mindestabstand von 1035 Metern
- Bei den Instrumentenanflügen muss es sich um Präzisionsanflüge
- Luftfahrzeuge müssen informiert werden, dass Anflüge auf beide Pisten durchgeführt werden (via ATIS oder Frequenz)
- Zwischen den beiden missed approaches muss eine Mindestabweichung von 30° vorherrschen
- Zwischen den center lines liegt eine no transgression zone (NTZ)
- Der localizer muss mittels einer dieser Methoden intercepted werden:
- Mit einem veröffentlichten Anflugverfahren, bei dem der Endanflug mit dem initial approach fix (IAF) oder intermediate approach fix (IF) intercepted wird
- Oder mit einem finalen Vektor, der folgende Kriterien erfülltt:
- Der Winkel vom intercept Vektor darf maximal 30° betragen
- Mindestens 1 NM geradeaus gerichteten Horizontalflug (level flight) vor dem finalen intercept
- Mindestens 2 Nm geradeaus gerichteten Horizontalflug (level flight) auf dem localizer vor dem Sinken auf dem finalen Gleitpfad
Bis beide Luftfahrzeuge auf dem localizer established sind und sich innerhalb der normal operating zone (NOZ) befinden, muss die Radarstaffelung von 3 NM lateral oder 1000ft vertikal aufrecht gehalten werden.
Auch bei IPAs muss zwischen zwei anfliegenden Luftfahrzeuge auf dieselbe Piste muss die laterale Staffelung von 3 NM (oder 2,5 NM, wenn dies auf den Prozedurenseiten so festgelegt ist) weiter aufrecht erhalten werden. Außerdem ist hier auch die Wirbelschleppenstaffelung weiterhin anzuwenden.
No transgression zone, normal operating zone und Anwendung IPA
Bei zwei parallen Pisten mit unabhängigen Parallelanflügen wird eine no transgression zone (NTZ) mit einer Breite von mindestens 610 m benötigt. Außerdem werden zwei normal operating zones (NOZ), in denen die Anflüge stattfinden sollen. Das folgende Bild zeigt den Aufbau für unabhängige Parallelanflüge.
Quelle: IVAO Training Documentation: Parallel runway operations
Falls ein Luftfahrzeuge im Anflug in die NTZ einfliegt, ist es umgehend darauf hinzuweisen und anzuweisen, auf den Localizer zurückzukehren. Das Luftfahrzeuge im Anflug auf die parallele Piste ist unmittelbar zum Steigen anzuweisen. Zudem ist ein Steuerkurs anzuweisen, um dem abweichenden Luftfahrzeuge auszuweichen. Der angewiesene Steuerkurs darf dabei nicht mehr als 45° vom Kurs des localizers abweichen. Unterhalb von 400 ft AGL sind keine Steuerkurse mehr anzuweisen.
Die no transgression zones (NTZ) können in Aurora für die jeweiligen parallelen Pisten im deutschen Sector File über die Prohibited Areas (PA) in der Zeile Geo mit Shift ausgewählt und aktiviert werden.
Getrennte paralle An- und Abflüge
Bei getrennten parallelen An- und Abflüge (segregated parallel operations) wird eine der parallelen Pisten auschließlich zum Start und die andere Piste ausschließlich zur Landung verwendet. Hierfür sind die Anforderungen deutlich geringer, als z. B. bei IPAs oder DPAs. Dieses Verfahren wird hauptsächlich unter LVO angewendet, um die Kapazität des Flughafens weiter hochzuhalten.
Voraussetzungen für getrennte parallele An- und Abflüge:
- Die runway center lines benötigen einen grundsätzlich Mindestabstand von 760 Metern
- Der oben genannte Abstand kann mit einer Verschiebung zwischen den beiden Pisten variieren
- Zwischen dem missed approaches und dem track der SID muss direkt nach dem Start eine Mindestabweichung von 30° vorherrschen
- Bei dem Anflug muss es sich um Präzisionsanflug, einen surveillance radar approach oder Sichtanflug handeln