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Grundlagen

Radar - das steht für Radio Detection and Ranging. Daraus lässt sich bereits der Sinn und die grundlegende Funktionsweise des Radars erkennen: Mithilfe von elektromagnetischen Wellen werden Objekte erkannt. Ein Radar ist somit nichts luftfahrtspezifisches. Neben Flugzeugen kann man so auch Schiffe, Raumfahrzeuge, Geschosse, aber auch Wolken oder einfach Gelände erkennen.

In der Flugsicherung muss man prinzipiell zwischen zwei grundlegend verschiedenen Radarsystemen unterscheiden: Dem Primärradar (Primary Surverillance Radar - PSR) und dem Sekundärradar (Secondary Surveillance Radar - SSR).

In beiden Systemen wird Energie in Form von Impulsen von einem sich rotierenden Radargerät gesendet. Anschließend wartet das Radargerät auf eine Antwort. Beim PSR ist diese Antwort die von einem Ziel (z. B. Flugzeug) reflektierte Energie, beim SSR ist es das Antwortsignal eines Transponders.

Primärradar (PSR)

ASR-9 Radar Antenna.jpg

1886 entdeckte Heinrich Hertz, dass metallische Gegenstände bestimmte elektromagnetische Wellen reflektieren. Doch lange fand man für diese Entdeckung keine wirkliche Verwendung. Das änderte sich kurz vor dem zweiten Weltkrieg, als bereits militärisch stark aufgerüstet wurde. Zu dieser Zeit haben etliche Staaten Radargeräte zur militärischen Luftraumüberwachung entwickelt. Später hat man auch im zivilen Bereich die Radartechnik genutzt.

Aufbau und Funktionsweise

Ein Primärradar besteht in seiner einfachsten Form aus fünf Bestandteilen: Sender, Antenne, Empfänger, Duplexer und Radarschirm. Das Grundprinzip ist recht einfach:

Der Sender erzeugt kurze, aber sehr energiereiche elektromagnetische Impulse. Diese Impulse werden von der Antenne in den Raum abgestrahlt. Bestimmte Objekte reflektieren nun einen kleinen Teil dieser Impulse. Das reflektierte Signal wird auch Echo genannt. In modernen Radargeräten fungiert die gleiche Antenne anschließend als Empfänger des Echos. Dazu ist allerdings der Duplexer notwendig, welcher die Antenne zwischen Sendeantenne und Empfangsantenne wechseln lässt. Die von der Antenne empfangenen Signale werden dann an den Empfänger weitergegeben. Dort werden die Signale erstmal verstärkt. Anschließend werden unerwünschte Störsignale entfernt. Schließlich werden die Signale zu Bildsignalen demoduliert. Diese Bildsignale werden zum Schluss an einem Radarschirm für den Lotsen angezeigt.

Bestimmung der Entfernung

Radaroperation.gif

Um nun die Entfernung eines reflektierenden Objektes zu bestimmen, nutzt man eine einfache physikalische Gesetzmäßigkeit: Elektromagnetische Wellen breiten sich mit konstanter Geschwindigkeit, nämlich annähernd Lichtgeschwindigkeit aus.

Das Radargerät misst nun einfach die Laufzeit eines abgestrahlten Impulses, also wie viel Zeit zwischen Senden und Empfangen des Impulses vergeht. Damit hat man die Zeit und kann ganz einfach mit der Formel s = v * t den Weg berechnen. Das Ergebnis wird dann noch durch zwei geteilt, da sich die Laufzeit ja auf Hin- und Rückweg des Impulses bezieht. Zu beachten ist dabei, dass es sich bei der Distanz um die Schrägentfernung (Slant range) handelt.

Beispiel: Das Radar misst eine Laufzeit von 1 ms (1/1000 s).
Die Geschwindigkeit ist annähernd Lichtgeschwindigkeit, also 300.000 km/s.
s = (1/1000 s * 300.000 km/s) / 2 = 150 km.

Die Schrägentfernung des Ziels beträgt also 150 km.

Bestimmung der Richtung

Die Antenne eines Radars ist so konstruiert, dass sie die Impulse stark in eine ganz bestimmte, sehr schmale, Richtung bündelt. Daher wird sie auch Richtantenne genannt. Somit ist die Richtung, in welche die Antenne zu einem bestimmten Zeitpunkt zeigt, auch gleichzeitig die Richtung, aus welcher das reflektierende Objekt kommt. Da sich die Antenne um 360 Grad dreht, empfängt sie auch Ziele aus allen Richtungen. Zur Bestimmung der eigenen Richtung braucht sie aber eine Bezugsrichtung. Dafür wird der geografische Norden verwendet. Heutzutage geschieht die Vermessung der Nordrichtung meist mithilfe von eingebauten GPS-Systemen.

Einschränkungen

In der Theorie funktioniert ein Primärradar also recht einfach. Allerdings gibt es in der Praxis eine Menge Faktoren, welche die Funktionsweise eines Radars einschränken. Genauso gibt es viele schlaue Lösungsansätze zum Lösen dieser Probleme. All diese Faktoren und deren Lösungen zu erläutern, käme einem Ingenieursstudium gleich und würde den Rahmen dieses Artikels somit sprengen. Daher werden im Folgenden nur die wichtigsten Einschränkungen in der Praxis benannt und grob erläutert.

Maximal eindeutige Messentfernung

Ein PSR sendet in bestimmten Zeitintervallen Impulse. Diese Zeitintervalle zwischen zwei gesendeten Impulsen werden PRI (Pulse Repetition Intervall) genannt. Ein Impuls wird also gesendet, dann wird auf ein Echo gewartet und anschließend wird der nächste Impuls gesendet. Wenn das Intervall zu kurz eingestellt ist, hat das Echo allerdings nicht genügend Zeit, die Antenne zu erreichen, bis der nächste Impuls gesendet wird. Daher bestimmt und limitiert das PRI die maximal eindeutige Messentfernung. Echos hinter dieser maximal eindeutigen Entfernung können durch sogenannte gestaffelte Impulse eliminiert werden (Zwei aufeinanderfolgende Impulse haben ein leicht unterschiedliches PRI, sodass das “Phantom-Echo“ erkannt werden kann).

Minimale Messentfernung

Wie schon erwähnt wird in der Regel dieselbe Antenne zum Senden und Empfangen von Impulsen verwendet. Das bedeutet, während der Sendezeit kann die Antenne keine Signale empfangen. Wenn nun ein Ziel zu nah an der Antenne dran ist, kommt das Echo dieses Ziels schon an der Antenne an, während sie noch auf “Senden” eingestellt ist. Die minimale Messentfernung hängt also von der Pulslänge ab, sprich der Zeit, die vergeht, bis ein Impuls die Antenne vollständig verlassen hat. Wenn man Ziele im Nahbereich erkennen möchte, muss also die Pulslänge möglichst kurz sein.

Entfernungsauflösung

Entfernungsauflösung beschreibt die Fähigkeit eines Radars, mehrere Ziele in der gleichen Richtung, aber unterschiedlichen Entfernungen, auch als solche wahrzunehmen und nicht nur als ein einziges Ziel. Wenn zwei Ziele nämlich nah beieinander sind, verschmelzen deren Echos zu einem einzigen Echo. Auch hier kommt es auf die Pulslänge an: Je kürzer, umso eher werden zwei getrennte Echos auch als solche empfangen.

Moving Target Indication

Ein Luftlageradar soll eigentlich nur sich bewegende Ziele erfassen, also Luftfahrzeuge. Allerdings reflektieren auch unbewegliche Objekte wie Berge die Signale.

Die Technik, eben solche unbeweglichen Ziele auf dem Radarschirm zu eliminieren, nennt sich Moving Target Indication (MTI). Diese Technik macht sich den Doppler-Effekt zunutze: Wenn sich ein Objekt bewegt, führt dies zu einer Frequenzverschiebung der Senderfrequenz. Ist die empfangene Frequenz höher als die Sendefrequenz, bewegt sich das Ziel also auf das Radar zu. Ist die empfangene Frequenz hingegen kleiner als die Sendefrequenz, bewegt sich das Ziel vom Radar weg. Wenn Sende- und Empfangsfrequenz gleich sind, bewegt sich das Ziel also gar nicht. Das Radar misst nun die Differenz zwischen Sende- und Empfangsfrequenz. Wenn diese Null beträgt, handelt es sich um ein nicht bewegliches Objekt, wodurch dieses ausgeblendet werden kann.

Line of Sight

Neben der maximal eindeutigen Messentfernung, welche vom Impulsintervall abhängt, limitiert auch ein bestimmtes physikalisches Gesetz die maximale Reichweite eines Radargeräts:
Die Frequenzen der Radiowellen des Radars liegen im UHF-Bereich (Ultra High Frequency: 300 MHz bis 3 GHz) sowie im SHF-Bereich (Super High Frequency: 3 GHz bis 30 GHz). Damit verhalten sich die elektromagnetischen Wellen ganz ähnlich wie Licht: Sie breiten sich geradlinig aus. Man spricht hier von Sichtausbreitung (engl. Line of Sight propagation).

Die Erdoberfläche ist allerdings gekrümmt. Das bedeutet, dass die Welle ein weiter entferntes Ziel nicht erreichen kann, wenn die Erdoberfläche sozusagen “im Weg” ist. Je weiter ein Objekt von der Antenne entfernt ist, umso höher muss es also sein, um von der Antenne theoretisch noch erkannt werden zu können. Dafür gibt es auch eine Formel: Maximalentfernung in NM = 1,23 x Wurzel(Höhe in Fuß)

Sichtausbreitung bedeutet außerdem, dass große Hindernisse wie Berge den Bereich dahinter ebenfalls unzugänglich für Radarempfang machen. Aber auch durch ein Flugzeug selbst kann ein dahinter fliegendes Luftfahrzeug möglicherweise nicht erkannt werden, wenn es genau im “Schattenbereich” des vorderen Flugzeugs fliegt.

Cone of Silence

Dafür gibt es nun wirklich keinen guten deutschen Begriff. Die wörtliche Übersetzung “Kegel der Stille” klingt ziemlich gewöhnungsbedürftig, beschreibt aber dann doch einigermaßen gut eine weitere Einschränkung: Die ausgestrahlten Impulse haben einen ganz bestimmten maximalen Höhenwinkel. Das heißt, direkt über der Antenne werden keine Signale ausgestrahlt. Somit können auch keine Ziele, welche sich über diesem Höhenwinkel befinden, erkannt werden. Da dieser tote Bereich mit der Höhe zunimmt und somit die Form eines Kegels hat, spricht man hier vom Cone of silence.

Diese Einschränkung ist allerdings nicht problematisch, da in der Praxis ein Ziel, welches sich im Cone of Silence einer Antenne befindet, von einer benachbarten Radarantenne wiederum gut erkannt werden kann.

Wetterradar

Wetterradar.jpg

Eine besondere Form des Primärradars ist das Wetterradar. Dieses funktioniert grundsätzlich genau wie jedes andere Primärradar auch. Denn auch Wassertropfen reflektieren die Impulse des Radars. In einem Frequenzbereich von ungefähr 5 GHz entsprechen die Wellenlängen den Größen der Wassertropfen.

Der wichtige Unterschied zum klassischen Primärradar liegt nun darin, dass ein Ziel nicht nur erkannt wird, sondern zusätzlich die Intensität, physikalisch ausgedrückt, die Leistung, des Echos gemessen wird. Diese Leistung des Echos ist umso größer, je größer die Wassertropfen sind. Somit kann nicht nur die Position von z. B. Wolken oder Gewittern bestimmt werden, sondern auch deren Intensität.

In einem Flugzeugcockpit wird dann die Intensität in unterschiedlichen Farben im Navigation Display dargestellt.

Sekundärradar (SSR)

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Zu Kriegszeiten war es enorm wichtig, freundliche Ziele (also die eigenen Flugzeuge) von feindlichen Zielen zu unterscheiden. Mit einem Primärradar war das aber nicht möglich, denn dieses gibt keinen Hinweis auf die Identifikation des Fliegers. Und auch weitere Informationen wie die Höhe des Luftfahrzeuges wären sicherlich praktisch. Auch das ist mit einem Primärradar allein nicht machbar. Somit entstand die Freund-Feind-Erkennung als Vorläufer des heutigen Sekundärradars.

Aufbau und Funktionsweise

Die Bestandteile eines Sekundärradars sind fast die gleichen wie beim Primärradar und auch das Ausstrahlen von elektromagnetischen Wellen funktioniert genau gleich. Der große Unterschied zeigt sich, wenn der ausgestrahlte Impuls am Ziel ankommt: Im Luftfahrzeug befindet sich ein Empfänger, welcher den Impuls registriert und daraufhin aktiv auf einer anderen Frequenz einen Antwortimpuls zurücksendet. Dieses wird Transponder genannt, was sich aus Transmitter und Responder zusammensetzt. Ein Transponder besteht aus einem Empfänger, welcher die Impulse empfängt, einem Dekodierer, welcher die Impulse dekodiert, einem Kodierer, welcher die Antwort in Form von neuen Impulsen kodiert und einem Sender, welcher die Antwortimpulse zurücksendet. Die dabei genutzten Frequenzen sind weltweit standardisiert, sodass Transponder und Sekundärradar global miteinander kommunizieren können. Die Sendefrequenz ist 1030 MHz und die Antwortfrequenz 1090 MHz. In der Praxis sind Primär- und Sekundärradar meistens miteinander kombiniert.

Ermitteln der Identifikation und Flughöhe

Das Radargerät möchte nun also gerne die Identifikation und Höhe des Fliegers herausfinden. Dafür sendet es Abfragen in Form von Impulsen. Eine solche Abfrage wird auf Englisch Mode genannt. Die Abfrage der Identifikation ist Mode A, die Abfrage der Flughöhe Mode C. (Mode B ist zwar auch definiert, aber in der Praxis ungenutzt). Die unterschiedlichen Abfragen unterscheiden sich technisch durch das Pulsintervall. Es werden also zwei Impulse in unterschiedlichen Abständen gesendet, wobei die Abstände fest definiert sind. Mode A wird mit einem Pulsintervall von 8 Mikrosekunden abgefragt, Mode C mit einem Pulsintervall von 21 Mikrosekunden. Da man in der Regel beide Informationen wissen möchte, werden diese Abfragen ständig abgewechselt. Der Transponder im Luftfahrzeug erkennt nun das Pulsintervall und somit den Mode und kann eine passende Antwort senden.

Die Antwort auf Mode A, also die Identifikation, geschieht ebenfalls durch eine Reihe von Impulsen. Grundlage für die Identifikation ist ein vierstelliger Zahlencode, welcher der Pilot am Transponder eindreht. Dabei sind nur Zahlen von 0 bis 7 erlaubt, das ergibt 8^4 = 4096 Möglichkeiten. Die Antwort des Transponders besteht nun immer aus je einen Impuls am Anfang und Ende, das sind die Rahmenimpulse. Innerhalb dieser Rahmenimpulse können bis zu 12 Impulse gesendet werden, oder aber auch ausbleiben, je nachdem, welchen Transpondercode (auch Squawk) der Pilot einstellt. Die Impulse kodieren somit den gesetzten Squawk. Dadurch ergeben sich 2^12 = 4096 Möglichkeiten, es handelt sich also ganz simpel um ein Binärsystem.

Die Antwort auf Mode C erfolgt absolut genauso wie auf Mode A. Nun muss allerdings statt einem 4-stelligen Code eine Flughöhe in 12 Impulsen kodiert werden. Das geschieht mithilfe des Gillham-Codes, der nach einem bestimmten Schema jeder Flughöhe in Hunderter-Schritten eine bestimmte Impuls-Kombination zuweist.
Zu beachten ist, dass es sich dabei um die gemessene Standardhöhe, also Flugflächen, und nicht um die tatsächliche Höhe über dem Meeresspiegel handelt.

Die Impulse kommen nun wieder beim Radargerät an und werden dann gemessen und ausgewertet. Anschließend wird das Ergebnis im Radarschirm dargestellt, also der Squawk-Code und die Flughöhe neben dem eigentlichen Ziel.

Bestimmte Squawk Codes sind dabei für ganz spezifische Zwecke reserviert, siehe dazu Artikel Transponder.

Squawk Ident

Um die Identität eines bestimmten Luftfahrzeugs zu bestätigen, sagt ein Lotse manchmal “Squawk Ident” und schon blinkt das Ziel auf dem Radar. Auch das geschieht mittels SSR. Der Pilot drückt dabei nämlich einen Knopf auf dem Transponder. Daraufhin wird hinter der eigentlichen Antwort, welche wie oben beschrieben ja von zwei Rahmenimpulsen umgeben ist, für eine bestimmte Zeit noch ein einzelner zusätzlicher Impuls mitgesendet. Dies wird ebenfalls vom Radar erkannt und das entsprechende Ziel blinkt dann auf dem Radarschirm.

Einschränkungen

Wie schon das Primärradar birgt das Sekundärradar in der Praxis einige Probleme und Einschränkungen. Die zwei größten Probleme im Bereich des Sekundärradars sind Garbling und FRUIT.

Garbling

Garbling ist ein ähnliches Problem wie eine ungenaue Entfernungsauflösung, welches schon vom Primärradar bekannt ist. Es tritt auf, wenn auf die gleiche Abfrage zwei unterschiedliche Flieger antworten und sich ihre Antwortimpulse überlappen. Das kann vorkommen, wenn sich zwei Luftfahrzeuge recht nah beieinander befinden. Dadurch ist es für das Radargerät unter Umständen nicht möglich, die Antwort zu dekodieren. In diesem Fall wird eine entsprechende Information an den Radarbildschirm gesendet, sodass der Lotse zumindest über das Garbling informiert ist. Dennoch können so Falschziele auf dem Radarschirm erscheinen oder andersherum bestimmte Ziele gar nicht erscheinen, wenn das Radar denkt, dass es sich um ein Falschziel handelt.

FRUIT

Die Transponder-Antenne im Flugzeug ist immer ungerichtet. Das bedeutet, dass sie das Antwortsignal in alle Richtungen abstrahlt. Dadurch können aber auch andere Sekundärradare die Antwort empfangen und nicht nur das, welches die Anfrage geschickt hat. Da alle Radargeräte auf der gleichen Frequenz arbeiten, kann das Radar also nicht erkennen, ob das Antwortsignal eigentlich an ein anderes Radar gerichtet war. Dieses Problem nennt sich auf Englisch False Replies Unsynchronised In Time (FRUIT). Es kann genau wie Garbling zu Falschzielen auf dem Radarschirm führen. Gerade in dichten Lufträumen wie um London oder Frankfurt, wo auch entsprechend viele Sekundärradare installiert sind, ist FRUIT daher ein bedeutender Aspekt. Verschiedene Maßnahmen wie das Verringern der Sendeleistung können das Problem minimieren, aber nicht ganz beseitigen.

Mode S

In den 1990er Jahren, als der Luftverkehr immer weiter anstieg, kam man mit dem klassischen Sekundärradarsystem an seine Grenzen. Mode A erlaubt wie bereits erklärt maximal 4096 Squawk-Codes. In vollen Lufträumen war das aber nicht mehr ausreichend. Ein Lotse hätte dann also zwei Flugzeugen den gleichen Squawk-Code zuweisen müssen, was ein erhöhtes Sicherheitsrisiko darstellen würde. Außerdem haben sich die Falschziele immer mehr gehäuft.

Daher wurde ein neuer Mode entwickelt: Mode S. Das S steht dabei für “selective”, also selektiv. Wie der Name schon verrät, antworten auf einen Abfrageimpuls nun nicht mehr alle Flugzeuge, sondern nur jenes Flugzeug, welches sich “angesprochen” fühlt. Mode S ist dabei voll abwärtskompatibel zu Mode A und Mode C. Auch die genutzten Frequenzen sind die gleichen wie beim “klassischen” SSR (1030 MHz bzw. 1090 MHz).

Mode S funktioniert nun grob wie folgt: Jedem Mode-S-fähigen Luftfahrzeug wird eine einmalige 24-Bit-Adresse zugewiesen, welche in den Transponder einprogrammiert wird. Die Adresse ist somit während der gesamten Lebenszeit eines Flugzeuges die gleiche. Dadurch sind also 2^24 = 16.777.214 verschiedene Adressen möglich.

Bevor ein Radar allerdings ein spezifisches Flugzeug ansprechen kann, muss es logischerweise erstmal wissen, welche Mode-S-fähigen Luftfahrzeug denn überhaupt in seiner Reichweite unterwegs sind. Dazu sendet es eine generelle Abfrage (“All Call Interrogation”). Auf diese Abfrage antworten nun alle Luftfahrzeuge, welche mit einem Mode-S-Transponder ausgestattet sind.

Anschließend erfolgt die selektive Abfrage an eine bestimmte Adresse, also ein bestimmtes Luftfahrzeug (“Roll Call Interrogation”). Der entsprechende Transponder erkennt dies und sendet dann sein Antwortsignal. Diese Antwort besteht zum Einen aus der Adresse selbst. Dadurch ist der Flieger eindeutig identifizierbar, wodurch FRUIT (siehe oben) ausgeschlossen werden kann. Zum Anderen sendet der Flieger aber noch zusätzliche Informationen mit. Dazu gehören:

  • Squawk-Code
  • Flugzeugidentifikation (Rufzeichen bzw. Flight ID)
  • Flughöhe, in 25-Fuß-Schritten
  • Flugstatus (In der Luft oder am Boden)


Dabei spricht man von Mode S Elementarüberwachung (Mode S Elementary Surveillance - ELS).

Noch etwas fortgeschrittener ist die Mode S Erweiterte Überwachung (Mode S Enhanced Surveillance - EHS), welche Ende der 2000er Jahre implementiert wurde. Dabei werden zusätzliche Flugzeugparameter gesendet. Dazu gehören:

  • Steuerkurs (Heading)
  • Eigengeschwindigkeit (IAS)
  • Wahre Eigengeschwindigkeit (TAS)
  • Geschwindigkeit über Grund (GS)
  • Mach Zahl
  • Steig-/ Sinkrate
  • Rollwinkel
  • Höhenmessereinstellung
  • Kurvenrate
  • Im Autopiloten eingestellte Flughöhe


Diese Parameter können nun bei Bedarf auf dem Radarschirm mit eingeblendet werden, sofern das Flugzeug EHS unterstützt.

Radargeräte in der Flugsicherung

Zum Überwachen des Luftraums unterscheidet man drei Arten von Flugsicherungsradaren:

  • Streckenradar (En-Route Radar): Für alle Bereiche außerhalb von Flugplatznähe
  • Anflugradar (Airport Surveillance Radar - ASR): Für den Bereich in Flugplatznähe
  • Bodenradar (Surface Movement Radar - SMR): Für alle Roll- und Flugbewegungen auf dem Flughafengelände


Die folgende Übersicht zeigt diverse Parameter für die einzelnen Systeme. Zu beachten ist, dass es sich dabei um grobe Werte handelt und die tatsächlichen Werte von Radarsystem zu Radarsystem unterschiedlich sind.

Parameter Streckenradar ASR SMR
Reichweite 200 NM 60 NM 4 km
Höhenerfassung 70.000 ft 40.000 ft -
Frequenz L-Band* S-Band* X-Band*
Impulsleistung 2,5 MW 1,5 MW 16 kW = 0,016 MW
Pulslänge 2 μs 1 μs 40 ns = 0,04 μs
Pulswiederholfrequenz 400 Hz 1000 Hz 4 kHz = 4000 Hz
Antennenrotationsrate 5,5 rpm 12,5 rpm 60 rpm

* Zur Einteilung von Frequenzen werden Frequenzbänder genutzt. L-Band bedeutet 1 bis 2 GHz, S-Band bedeutet 2 bis 4 GHz und X-Band bedeutet 8 bis 12 GHz.