Manchmal behaupten Fachleute, dass Fliegen lernen genauso wäre wie Autofahren lernen. Dieser Schluss ist aber leider nicht wirklich sinnvoll. Immerhin bewegt sich ein Flugzeug in einem dreidimensionalen Raum, im Gegensatz zur annähernd zweidimensionalen Bewegung eines Autos. Und wie bei der Aerodynamik schon besprochen, sind die Wechselwirkung zwischen den einzelnen Komponenten der Bewegung eines Flugzeugs extrem komplex. Das gilt natürlich auch für die Steuerung eines Flugzeugs.
Für drei Dimensionen benötigt man drei Steuerachsen. Da ein Flugzeug sich allerdings im vierdimensionalen Raum bewegt (vertikal, lateral und in der Zeit), gibt es streng genommen vier Möglichkeiten, Steuereingaben zu machen: die Quer-, Seiten- und Höhenuder und der Gashebel.
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Die Querruder kontrollieren den Rollwinkel, besser bekannt als „bank angle“ des Flugzeugs. Sie sind paarweise an der Hinterkante des Flügels angebracht und schlagen gegenläufig aus. Für eine rechte Rolllage bewegt sich das rechte Querruder nach oben und das linke nach unten. Dadurch wird der rechte Flügel nach unten und der linke nach oben gedrückt und die gewünschte Fluglage stellt sich ein.
Das Höhenruder kontrolliert den Anstellwinkel, also den „pitch angle“. Zieht der Pilot an seinem Steuerhorn oder Steuerknüppel, lenkt das Höhenruder nach oben aus, durch den Luftstrom entsteht eine Kraft auf das Heck nach unten und die Nase des Flugzeugs geht entsprechend nach oben.
Das Seitenruder kontrolliert den Gierwinkel, auf Englisch als „yaw angle“ bezeichnet. Das Seitenruder ist mit den Pedalen verbunden, ein Tritt ins linke Pedal stellt das Ruder nach links aus und die Flugzeugnase giert nach links.
Den Gashebel würde man im ersten Moment nicht unbedingt zu den Kontrollorganen zählen, aber seine Bedienung hat für den Flugpfad genauso viel Bedeutung wie die anderen Kontrollen. Im Geradeausflug, wenn das Flugzeug in einer ausgetrimmten Lage fliegt, also keine konstanten Ausschläge der Steuerflächen benötigt sind um geradeaus zu fliegen, bewirkt das Wegnehmen von Gas zunächst, dass das Flugzeug abbremst. Aus der niedrigeren Geschwindigkeit resultiert, dass der Auftrieb zurückgeht und das Flugzeug seine Höhe nicht mehr halten können wird. Also geht das Flugzeug in einen Sinkflug über. Andersherum muss der Pilot, wenn er aus dem Geradeausflug in den Sinkflug übergehen will, das Gas reduzieren um nicht zu schnell zu werden. Wesentlich kritischer wird diese Abhängigkeit im Endanflug, wenn Sinkrate und Geschwindigkeit in engen Grenzen gehalten werden müssen. Deshalb sollte man zumindest dort immer mit der Hand an Gashebel und Steuerhorn fliegen.
Zwei weitere Effekte sind besonders erwähnenswert im Zusammenspiel der Kontrollorgane. Zunächst ist im Kurvenflug nämlich die Auftriebsverteilung zwischen den beiden Flügeln nicht mehr gleich. Auf der Seite mit dem nach unten ausgeschlagenen Querruder, also auf der Kurvenaußenseite, erhöht sich der Auftrieb. Das liegt daran dass das Ruder wie eine Landeklappe das Profil vergrößert und damit für mehr Auftrieb sorgt. Daraus resultiert allerdings auch ein höherer Widerstand auf dieser Seite, welcher für ein Giermoment entgegen der Rolllage sorgt, das Flugzeug dreht also um die Hochachse entgegen der Rolllage. Deshalb ist es nötig, in der Kurve das Seitenruder einzusetzen, um das Flugzeug in die gewünschte Kurve zu legen.
Außerdem zeigt die Auftriebskraft in der Kurve nicht mehr entgegen der Gewichtskraft, sondern schräg in Richtung der Kurve. Deshalb nimmt der Teil des Auftriebes ab, der der Gewichtskraft entgegen wirft. Das Flugzeug reagiert mit einem Sinkflug. Um diesen Effekt aufzuheben, gibt es zwei Möglichkeiten: entweder die Geschwindigkeit und damit den Auftrieb zu erhöhen, oder den Anstellwinkel zu vergrößern. Einige Verkehrsflugzeuge nutzen die erste Möglichkeit, bei kleineren Flugzeugen ist die zweite Variante von Vorteil: der Pilot zieht am Höhenruder, um den Anstellwinkel und damit den Auftrieb zu vergrößern.
Der horizontale Kurvenflug wird damit zu einer recht komplizierten Angelegenheit: Querruder und Seitenruder in die gewünschte Richtung ausschlagen, und gleichzeitig mit dem Höhenruder die gewünschte Flughöhe halten. Wenn nun kompliziertere Manöver gefragt sind, wie Kurvensteigflug, müssen die Kontrollen mit Wissen um die Effekte auf das Flugzeug entsprechend bedient werden. Ein Kurvensteigflug kann zum Beispiel nicht geflogen werden, ohne Geschwindigkeit zu verlieren. Deshalb muss entweder vor der Kurve ein Geschwindigkeitsüberschuss vorhanden sein, oder der Pilot muss mehr Gas geben um nicht in den kritischen langsamen Bereich zu geraten.
Die hier vorgestellten Kontrollen sind die angelehnt an die typische Konfiguration eines Flugzeugs. Allerdings gibt es eine ganze Reihe an Mustern, die eine abweichende Ruderkonfiguration haben. Zum Beispiel gibt es im Bereich der allgemeinen Luftfahrt und bei einigen militärischen Mustern die Variante des V-Tails, also einer V-förmigen Anordnung am Heck des Flugzeugs, welches aus zwei Rudern besteht, die so konstruiert sind, dass sie sowohl die Aufgaben von Höhen- als auch von Seitenruder wahrnehmen können. Dann gibt es vor allem bei Verkehrsflugzeugen häufig die Konfiguration der Flaperons, also Querrudern, die zusammen mit den Landeklappen abgesenkt werden und damit verbesserte Langsameigenschaften bieten. In dieser Weise gibt es eine Menge Varianten der Steuerung eines Flugzeugs, und der Pilot muss für sein Muster die jeweilige Konfiguration und deren Eigenschaften genau kennen.
Zu den bis hierher beschriebenen primären Kontrollflächen und -organen kommen bei vielen Flugzeugen noch sekundäre.
Der wohl wichtigste Vertreter von dieser Gruppe sind die Hochauftriebssysteme. Üblicherweise sind das zunächst Landeklappen (flaps), also Klappen die aus der Flügelhinterkante für Start und Landung ausgefahren werden. Sie vergrößern die Wölbung des Flügels und erzeugen damit mehr Auftrieb. Dieser Auftrieb wird gerade im Langsamflug benötigt. Im Schnellflug erzeugen sie jedoch erheblichen Luftwiderstand, weshalb sie für diesen Teil des Fluges wieder eingefahren werden.
Zu diesen Landeklappen kommen häufig Slats, also Vorflügelklappen hinzu. Sie fahren aus der Flügelvorderkante heraus und vergrößern genau wie die Klappen die Wölbung des Flügels. Der Effekt ist hier genau derselbe wie bei den Landeklappen, und häufig sind die Slats mit den Klappen so verbunden, dass sie automatisch mit ausfahren.
Eine weitere Art von Kontrollfläche sind die Brems- oder Störklappen (auch bekannt als speedbrake oder spoiler). In den meisten Fällen sind das einfache Paneele, die auf der Flügeloberseite angebracht sind und bei Bedarf aufgestellt werden. Diese Form von Bremsklappen fährt bei der Landung oder bei einem Startabbruch automatisch in den Wind und zerstört den Auftrieb und hilft den Piloten damit, das Flugzeug abzubremsen. Aber auch im Flug haben sie wichtige Funktionen. An modernen Verkehrsflugzeugen werden die Querruder häufig sehr klein ausgeführt, um die Hinterkante des Flügels für Landeklappen nutzen zu können. Um die Manövrierfähigkeit des Flugzeugs aufrecht zu erhalten, setzt man dann die Störklappen ein, mit der man gezielt einseitig Auftrieb abbaut und das Flugzeug damit in die Kurve legt. Außerdem helfen sie den Piloten, Höhe oder Geschwindigkeit abzubauen, indem sie die Auftriebskraft vermindern.
Die letzte erwähnenswerte Gruppe der Kontrollflächen sind die Trimmflächen. Da ein Flugzeug in einer unendlichen Kombination aus Gewicht, Schub, Anstellwinkel etc. geflogen werden kann, sind auch die Fluglagen entsprechend unterschiedlich. Die Ruder haben allerdings häufig eine Nullstellung, die beim Design festgelegt ist. Das würde für den Piloten bedeuten, dass er bei einer Fluglage, die nicht dieser Nulllage entspricht, ständig Kontrolleingaben machen müsste. Um diese kraftraubende Arbeit zu ersparen, verfügen Flugzeuge über Trimmflächen. Das sind kleine Kontrollflächen, die in der gleichen Weise funktionieren wie ihre großen Versionen, nur dass sie es dem Piloten ermöglichen, die Nulllage seiner Kontrollen zu verändern. Damit kann er sein Flugzeug zum Beispiel bei jeder Gashebelstellung in den Geradeausflug trimmen, ohne dass er mit dem Höhenruder gegenhalten muss. Bei manchen Mustern ist es sogar möglich, Quer- und Seitenruder zu trimmen, um unsymmetrische Flugzustände zu vermeiden.