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Phraseologischer Unsinn

Der Funk ist das, was Pilot und Lotsen verbindet, und somit auch uns alle bei IVAO. Und der Funk ist in Realität wie auch bei uns zwar sehr durchorganisiert, aber hin und wieder kommt es zu der einen oder anderen Ungenauigkeit oder zu komischen Situationen. In diesem Artikel haben wir ein paar dieser Funk-Irrtümer und -Lustigkeiten zusammengetragen. Es sind alles keine wirklichen Fehler, sondern nur Abweichungen von den Vorgaben. Wir möchten niemandem, der kein BZF oder AZF hat, damit auf die Füße treten! Und wir sind uns sehr bewusst, dass in der Realität der Funk kein Stück besser ist als auf IVAO, insofern ist dieser Artikel ein bisschen gegen as real as it gets. Aber nur ein bisschen.

Mit dem Artikel möchten wir uns allen dabei helfen, die Funksprüche nicht nur anzuwenden, sondern zu durchschauen, weshalb wir sagen, was wir sagen.

Außerdem möchten wir uns im Voraus bei allen Piloten entschuldigen, die jemals mit dem Rufzeichen "Lufthansa 123" geflogen sind oder fliegen werden - es ist nichts Persönliches!


Herstellen der Kommunikation mit einem Radarlotsen

Manchmal sagt man, dass der erste Kontakt zwischen zwei Menschen die Art ihrer späteren Beziehung definiert. Das ist bei Fluglotsen und Piloten nicht viel anders. Deshalb geht es zunächst um den Aufbau der Kommunikation mit einem Radarlotsen.

München, Lufthansa 123 with you

Dieser Funkspruch ist bei allen Radarlotsen bei IVAO sehr beliebt, weil man direkt merkt, dass der Pilot auf der anderen Seite viel Erfahrung mit dem Flugsimulator-ATC hat. Der Informationsgehalt ist mehr oder weniger gleich Null. Der Radarlotse weiß nämlich nur, dass irgendwo auf seinem unendlich weiten Schirm ein kleiner Radarkontakt mit Namen "DLH123" herumschwirrt. Beliebte Variation dieses Funkspruchs ist die Anmeldung mit

Langen, Lufthansa 123, climbing FL360, with you

Das ist schon viel interessanter. Da ist eine Lufthansa 123, die auf Flugfläche 360 steigt. Das birgt immerhin schon mal zwei Informationen für den Lotsen, aber so recht viel einfacher wird die Identifizierung damit leider nicht.

München, Lufthansa 123, one eight miles inbound KENIG, with you

Zwar sagt der Pilot, wo er ist, aber wenn man es genau betrachtet, können sich im Luftraum um KENIG ziemlich viele Flieger aufhalten. 18 Meilen inbound heißt nur, dass sich der Flieger auf einem Kreis befindet, der 18 Meilen um KENIG herum liegt, den der Lotse jetzt nach seinem Radarkontakt absuchen kann. Die Flughöhe hat der Kollege unterschlagen, was seinen Einleitungsanruf nicht viel informativer macht.

Langen, Lufthansa 123 is with you, climbing flight level 5000

Zu diesem Einleitunsanruf gibt es den Klassiker unter den albernen Antworten: "Lufthansa 123, contact Houston Space Center.". Den Unterschied zwischen FL und Altitude ist immer wieder ein Quell der Heiterkeit beim Lotsen. Wie kann der Lotse nun diese Situation sinnvoll gestalten? Aus Sicht des Lotsen sind bei der Kontaktaufnahme dreieinhalb Punkte wichtig:

  • Wie heißt der Flieger?
  • Wie hoch ist er?
  • Wenn er das tut, wie hoch steigt oder Wie tief sinkt er?
  • Wo ist der Flieger (nur halb-wichtig, siehe unten)?

Also ist ein formvollendeter Einleitungsanruf bei einem Radarlotsen wie folgt

München, servus, Lufthansa 123, flight level 147, climbing flight level 180

Nicht mehr und nicht weniger. Die Positionsangabe kann man sich also getrost sparen, immerhin hat der Lotse ja sein Radar! Wenn man aber darauf besteht, dann sollte man das so machen: „München, Lufthansa 123, flight level 310, passing ABGUS, next KENIG“ Da weiß der Lotse doch gleich sehr genau, wo er hinschauen muss.

Zuvor erhaltene Geschwindigkeitsanweisungen müssen nach Frequenzwechsel immer mitgeteilt werden.

Eine weitere Unsitte gibt es, die man als Radarlotse häufig beobachten kann. Ein Pilot meldet sich auf die eine oder andere Weise an, man prüft seine Angaben gegen sein Label, und spricht folgenden Funkspruch: „Lufthansa 123, Langen Radar, guten Abend, identified“. Und plötzlich blinkt das Radarlabel des Piloten. Deshalb sei an dieser Stelle nochmal kurz darauf hingewiesen, dass die Phrase "identified" eine völlig andere Bedeutung hat als die Anweisung "squawk ident", und auch nicht verwechselt werden sollte. Mit dem Wort "identified" teilt der ATC dem Piloten lediglich mit, dass er seine Informationen zu seinem Radarlabel zugeordnet hat. Wenn er will, dass der Pilot auf IDENT drückt, dann sagt er explizit: "Squawk ident"

Die Kontaktaufnahme mit dem Turm

Ein paar Klippen gibt es auch für die Piloten, die den Kontakt zu einem Platzlotsen, also einem Turmlotsen suchen. Häufig hört man dann die folgenden Schmankerln:

Hannover Tower, schönen Guten Tag, Lufthansa 123, fully established localizer runway 27 left

oder

Nürnberg Tower, guten Tag, Lufthansa 123, Lufthansa 123, loc established runway 28

Dieser Funkspruch fällt ein wenig in die Kategorie: Klingt gut, auch wenn niemand so recht weiß, was es bedeutet und wofür er gut ist. Wie gestaltet man nun diesen Funkspruch sinnvoll? Auch hier steht wieder die Frage, was für einen Turmlotsen eigentlich wichtig ist. Und das ist erstaunlich wenig:

  • Wie heißt der Flieger?

So einfach kann Fliegen manchmal sein. Als Turmlotse weiß man aufgrund der Flugpläne sehr genau, wer wann ankommt und abfliegt. Deshalb reicht ihm für die Kontaktaufnahme tatsächlich das Rufzeichen. Lediglich für die Kollegen der Flughäfen, die ein Parallelbahnsystem besitzen, ist noch eine weitere Information wichtig:

  • Welche Piste fliegt das Flugzeug an?

Die beiden Beispiele oben würden also ganz sinnvoll lauten:

Hannover Tower, hallo, Lufthansa 123, runway 27 right

Nürnberg Tower, hallo, Lufthansa 123

Funkdisziplin

Funkdisziplin ist ein wesentlicher Bestandteil der Kommunikation! Unnötige Funksprüche belasten die Frequenz sehr, auch wenn sie nur wenige Sekunden in Anspruch nehmen. Jeder Lotse, der auf seiner Position schon einmal stark beansprucht war, kann davon ein Lied singen. Hier stellt sich nun vor allem für den Piloten die Frage nach der Definition von "unnötig". Dies kann stark von der Frequenzbelastung abhängen. Ist man der einzige Pilot auf der Frequenz, kann man (außerhalb von Prüfungs- und Trainingssituationen) schon einmal ins Quasseln kommen. Je voller die Frequenz wird, desto knapper sollte man sich dort äußern.

Lufthansa 123, runway vacated.

Wenn die Frequenz leer ist, kann das ein netter kleiner Hinweis für den Lotsen sein, dass man schon eine Weile auf die Rollfreigabe wartet. Ein Anhalten des Inbounds am Boden sollte nach Möglichkeit natürlich vermieden werden. Wenn hinter dem Gelandeten aber schon der nächste über der Schwelle ist und seine Landefreigabe erhalten möchte, ist es eine schlechte Idee, in diesem Moment als abrollender Verkehr die Sprechtaste zu drücken. Der Lotse hat in diesem Fall sowieso alle Augen auf dem Radarschirm und sieht genau das, was jener ihm noch extra melden wollte.

Lufthansa 123, Nürnberg Tower, hallo, stand by.

Lufthansa 123, standing by.

Die Phrase "STAND BY" ist nicht zurückzulesen! Sich kurze Zeit nach dem Funkspruch erneut beim ATC anzumelden, ist ebenfalls unzulässig. Mit "STAND BY" sagt der ATC, dass er die Anfrage aktuell nicht bearbeiten kann und den Piloten später kontaktieren wird. Der Pilot darf sich also erst dann erneut von selbst melden, wenn die Frequenz ruhig ist, der Lotse ihn aber trotz einer offensichtlichen Ansprechmöglichkeit noch nicht gerufen hat.

Lufthansa 123, standing by since 10 minutes, request [...].

Das Durchstarten

Lufthansa 123, going around

Lufthansa 123, roger, proceed on standard missed approach procedure, climb 5000ft.

In diesem kurzen Funkschnipsel von einer Tower-Frequenz sind gleich zwei Fehler versteckt. Der erste ist recht schnell zu finden: was soll der Pilot nach dem Durchstarten anderes machen, als dem veröffentlichten Verfahren zu fliegen? Na gut, die Situation kann vorkommen, dass der Anflugcontroller ihm vorneweg eine abweichende Freigabe gegeben hat. Das ist aber zugegebenermaßen ziemlich selten und sollte uns deshalb hier nicht verwirren. In jedem Training für den Aerodrome Controller lernt man schließlich, nur „Roger“ zu sagen, und ansonsten den Piloten seinen Job machen lassen. Auch die Angabe der Flughöhe ist sinnlos, es sei denn der Radarlotse koordiniert etwas anderes.

Der zweite Fehler ist etwas subtiler. Was ist denn ein "standard" procedure? Diesen Begriff gibt es im Flugfunk nämlich nicht. Der Lotse hat vermutlich den veröffentlichten Fehlanflug gemeint. Aber veröffentlicht wird im Englischen nicht mit „standard“ übersetzt – der Begriff "published" passt an dieser Stelle bedeutend besser, und steht auch in der NFL.